Übung B3 „Schenkelhilfe“
Allgemein Schenkelhilfe
Hilfen sind eine der Grundlagen für das Reiten. Über Hilfen kommunizieren wir mit dem Pferd. Genau so wie die Sprache zwischen Menschen sind Hilfen wichtig, um uns mit dem Pferd zu verständigen. Die Hilfen sind die kleinsten Bestandteile unserer Übungen. Jede Übung, jede Lektion, setzt sich aus Hilfen zusammen. Verbessern wir also die Kommunikation, die Reaktion auf unsere Hilfen, dann werden wir in jeder Übung, die wir mit dem Pferd reiten, eine Verbesserung bewirken. Darum ist das Arbeiten an der Qualität der Hilfen so wichtig, um Feinheit und Leichtigkeit im Reiten zu erhalten.
Folgende Hilfen zur Kommunikation mit dem Pferd kennen wir:
- Schenkel (Sporen, Gerte)
- Zügel
- Stimme
- Sitz (Gewicht, Spannung, Bewegung)
Schenkel und Zügel sind wohl die wichtigsten Hilfen, wenn es um aktive Hilfen geht. Meist vernachlässigen aber Reiter den Schenkel gegenüber dem Zügel. Die ist oft die Wurzel viele Probleme. Darauf wird in den Übungen B4 Zügelhilfe detaillierter eingegangen.
Hier wollen wir uns nun näher mit der Schenkelhilfe beschäftigen. Zu der Schenkelhilfe zählen wir auch den Sporen und die Gerte. Dient die Gerte meist nur der Korrektur, kann der Sporen sowohl als Hilfe, wie auch als Korrektur eingesetzt werden. Sporen gehören aber nur an erfahrene Reiterbeine und setzt einen guten Sitz voraus.
Aber auch, wenn wir nur den Schenkel einsetzen, ist ein guter Sitz von enormer Bedeutung, bestimmt dieser doch die Position des Schenkels und ob das Pferd die gegebene Hilfe auch umsetzen kann. Ein falscher Sitz blockiert das Pferd und hindert es daran, die Hilfen korrekt umzusetzen.
Welche Signale können wir dem Pferd über den Schenkel geben:
- longitudinal (in der Längsrichtung verlaufend, längs gerichtet) z.B.: Geschwindigkeit, vorwärts, rückwärts, schneller, langsamer, Takt, usw.
- transversal (Richtung links und Richtung rechts) Lenken usw.
- Körperkontrolle seitlich (Kontrolle der Hinterhand/Vorderhand) seitliches verschieben
- Körperkontrolle vertikal (Heben von Rücken und Brustkorb) aufwölbend
Natürlich kann man dabei noch ins Detail gehen, selbst den Kopf kann man mit den Schenkeln positionieren. Wir sehen also, dass dem Schenkel sehr viele Bedeutungen zukommen können. Das schwierige bei der Sache, das Pferd sollte diese unterschiedlichen Bedeutungen auch verstehen.
Genau wie jedes Kind die Sprache lernen muss, müssen wir auch dem Pferd die Bedeutung der Hilfen beibringen. Das Pferd kommt nicht mit einem angeborenen Verständnis für Reiterhilfen, wie Schenkelhilfen, auf die Welt. Lernen wir dem Pferd eine falsche Bedeutung, wird es die Hilfe auch falsch ausführen. Ein Beispiel wäre ein Pferd, das beim Kommando „Vorwärts!“ den Kopf nach oben nimmt und den Rücken weg drückt.
Wie gehen wir an das Ganze heran? Fangen wir mal am Boden an. Noch besser, bei einem jungen, unverdorbenen Pferd. Wie reagiert es, wenn wir unsere Hand seitlich auf den Brustkasten legen? Na hoffentlich schlägt es uns nicht gleich mit den Beinen. Nicht zu fest. Ganz leicht. Es zuckt erst mal mit der Haut. Ja, das Pferd spürt selbst eine Fliege. Vielleicht reagiert es sogar, indem es mit dem Schweif nach unserer Hand schlägt. Ahja, noch mal zur Fliege. Eine Fliege wiegt ca. 2,8 mg. Nicht mal ein ganzes Gramm also, und das Pferd spürt es. Ja, meistens erst die Bewegung. Warum reite ich jetzt auf dem Gewicht einer Fliege herum? Ich möchte damit sagen, jedes Pferd spürt unseren Schenkel. Egal welche Rasse, egal welche Größe. Jedes Pferd spürt eine Fliege, also auch unseren Schenkel. Nochmals zu unserem Jungpferd. Ich drücke mit der Hand und es wird hoffentlich unserem Druck weichen und zur Seite gehen. Pikse ich es mit dem Daumen an der richtigen Stelle, dann wird es erst den Brustkorb zur Seite wölben oder den Rücken heben. Abhängig davon, an welcher Stelle ich es mache. Achtung, es kann je nach Charakter auch nach meiner Hand beißen.
Ein wenig mehr wissen wir ja jetzt bereits. Warum ist das aber so? Normalerweise weichen Pferde dem Druck, also könnte dies ein Grund dafür sein. Wir haben das Pferd aber auch aus dem Gleichgewicht gebracht und es hat einen Schritt zur Seite gemacht, um sich auszubalancieren. Auch der Kopf ist in unsere Richtung gekommen, um entweder zu sehen, was wir da machen, oder um die Balance zu halten.
Das könnte auch das Biegen des Brustkorbs erklären. Aber warum wölbt das Pferd den Rücken nach oben? Probiert mal an euch selbst. Seid ihr kitzelig? Dann funktioniert das noch besser. Man spannt die Muskeln an und schon wölbt man den Rücken. Dasselbe macht auch das Pferd. Es spannt die Bauchmuskeln an und wölbt dadurch den Rücken.
Was machen wir mit dem Pferd, wenn es nicht reagiert? Fester drücken? Dann wird es sich eher gegen den Druck stemmen, als zu weichen. Somit klappt es wohl besser, wir geben dem Pferd ein paar leichte, aber bestimmte Schläge mit der Hand und schon hat es etwas gelernt. Ja, ich schlage mein Pferd. Ich stehe dazu und es mag mich trotzdem.
Gut, genug geschwafelt. Was machen wir jetzt mit dem entstandenen Wissen, und unseren Schenkeln? Zusammengefasst:
- Auf einseitigen Druck weicht das Pferd zur anderen Seite (Druck rechts, das Pferd weicht nach links)
- Auf Impulse und leichten Druck spannt das Pferd eher die Muskeln an, und biegt sich.
Was passiert bei beidseitigem Druck? Bei Druck links und rechts kann das Pferd nicht seitlich ausweichen, also wird es eher nach vorne weg gehen. Wenn es noch ungeschult ist, wird es eventuell davonlaufen, flüchten – naja, nicht ganz das, was wir vom Pferd möchten. Darauf sollten wir später nochmals zurückkommen.
Klopfen wir links und rechts gleichzeitig und das Pferd spannt beide Seiten der Bauchmuskeln an, dann wird es den Rücken heben und den Kopf dabei senken. Den Westernreiter ist das wahrscheinlich eher geläufig.
Jetzt haben wir vieles besprochen, aber geritten sind wir noch immer nicht. Versuchen wir mal anders rum. Was möchten wir von unserem Pferd, wenn wir den Schenkel verwenden? Hier kommen wir zu den ersten Übungen, um die Qualität der Schenkelhilfen zu verbessern.
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